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Susann Fischer Rede zur OB Kandidatur in Selb

Liebe Freundinnen und Freunde,

Zukunft wird aus Mut gemacht!

Und ich möchte mich hier heute als OB-Kandidatin für unsere Kommunalwahl 2020 bei Euch bewerben.

Dabei möchte ich NICHT als politische Gegnerin von Herrn Pötzsch auftreten, sondern ich möchte dass unsere Selber Wählerinnen und  Wähler die Wahl haben, nachdem es bis jetzt neben unserem OB selber keine weiteren Kandidaten für diesen Posten gibt.

Ich möchte für politische Vielfalt werben. Nicht immer verderben viele Köche den Brei, sondern wir alle können unsere Stärken voranführen und dann gemeinsam daran arbeiten das Beste für unsere Bürgerinnen und Bürger und für unsere weitere Stadtentwicklung zu erreichen.

Ich stelle mich noch einmal kurz vor. Ich komme aus der Lausitz, habe in Cottbus mein Abitur gemacht. Nach einem freiwilligen sozialen Jahr habe ich mich dem Medizinstudium an der Charite in Berlin gestellt. In Berlin habe ich meine Frau Johanna kennengelernt. Nach ein paar Jahren Berufserfahrung im Speckgürtel von Berlin sind wir dann 2014 nach Oberfranken gezogen, 2016 haben wir uns hier in Selb ein Haus gekauft. Ich habe kurzzeitig in Marktredwitz im KH gearbeitet um dann schließlich im Hofer Krankenhaus meine Facharztausbildung zur Internistin abzuschließen. Seit April arbeite ich in einer Allgemeinarztpraxis in der hausärztlichen Versorgung in Tirschenreuth.

Was möchte ich nun in Selb erreichen, welche Probleme sehe ich?

Ich möchte den Standort des Klinikum Fichtelgebirge in Selb erhalten. Brigitte hat durch ihren Antrag im Kreistag erwirkt, dass eine Arbeitsgemeinschaft zusammen mit der Gesundheitsregion plus erstellt wurde, in der ich nun mitwirken darf. Ziel ist die Installation einer Palliativstation und einer geriatrischen Station. Über 50% der Selber Bevölkerung ist über 50 Jahre alt. Wir können also den Bedarf der auf uns zukommt an der Versorgung der älteren Menschen vorhersehen.

Weiterhin möchte ich dafür kämpfen ein Hospiz zu errichten. Das wird nicht einfach, laut den Vorgaben sind wir in Oberfranken mit den Betten über Plan, aber die meisten Einrichtungen sind in Oberfranken (Coburg, Naila) angesiedelt. Trotzdem sind die Wartelisten lang. Der Patient ist meist schon gestorben wenn der Platz frei wird.

Ich möchte den Angehörigen, den weiten Weg ersparen, wenn sie Oma und Opa oder Mutter und Vater im Krankenhaus oder einem Hospiz besuchen möchten und das Versorgungsangebot in diesen Bereichen erweitern. Denn die Berechnungszahlen für die Planbetten sind überspitzt gesagt gefühlt älter als unsere Patienten selbst. Die Menschen werden doch auch nur älter, weil wir in den letzten Jahrzehnten medizinische Fortschritte erzielt haben, aber das heißt nicht immer, dass sie deswegen keine Hilfe brauchen. Das Herz funktioniert vielleicht wieder oder noch, aber deswegen nicht unbedingt der Geist oder die Knochen. Wir, ich meine wir Ärzte, sind also meiner Meinung nach auch verantwortlich unsere zunehmend betagteren älteren Patienten zu versorgen. Das bedeutet auch, dass unsere Hausärzte – durch Hausbesuche auf dem Land und in Altenheimen, ein größeres Arbeitsspektrum/-pensum haben. Womit ich gleich zu meinem nächsten Punkt komme...

Auch die hausärztliche und fachärztliche Versorgung hinkt doch, oder? Wenn die Kassenärztliche Vereinigung sagt wir sind in der Regelversorgung aber die Bürgerinnen und Bürger einen Ärztemangel wahrnehmen. Im Gespräch mit der KV wurde auch zugegeben dass die Planung der Versorgung in Berlin gemacht wird aber den demografischen Wandel nicht berücksichtigt. - Das möchte ich ändern. Ganz konkret in dem ich versuchen möchte die Niederlassungsvorgaben der kassenärztlichen Vereinigung in strukturschwachen ländlichen Regionen aufzuweichen besser noch abzuschaffen. Bei Zahnärzten gibt es diese Niederlassungsbeschränkungen nicht und trotzdem mangelt es keinem Zahnarzt an Patienten – oder kennt ihr in Selb einen? Und Konkurrenz belebt das Geschäft und führt zu einer natürlichen Qualitätssicherung.

Aktuell steht dem Planungsbereich Selb, der auch Schönwald und Marktleuthen umfasst, ein halber Kassensitz zur Verfügung. Damit lässt sich keiner alleine nieder. Und wer möchte sich denn überhaupt noch auf dem Land niederlassen? Wie bekommen wir Ärzte in unsere Region? Meiner Meinung nach nicht durch Stipendien die mit Verpflichtungen verknüpft sind, die ein junger Mensch vor Beginn seines Studiums, also unmittelbar nach dem Abitur eingeht.

Also ich war damals froh, dass ich erstmal überhaupt wusste dass es Medizin sein soll, aber ich war bis zum Staatsexamen auch noch sicher dass ich niemals Internistin, geschweige denn Hausärztin, werden möchte. Und erst vor kurzem habe ich !zum Glück! gemerkt was für ein schöner Beruf das ist und wie wichtig er ist, manchmal auch einfach nur im Zwischenmenschlichen. Und ich bin gerade so gerne Arzt wie ich es nie zuvor war.

Aber was macht der Abiturient der sich verpflichtet hat Allgemeinarzt zu werden, wenn er während des Studiums merkt eigentlich finde ich Chirurgie oder Neurologie viel spannender? Der aber keine Ressourcen hat finanzielle Unterstützungen die er bisher bekommen hat zurückzuzahlen und sich zu trauen seinen Weg zu gehen? Der wird dann vielleicht nur ein halbherziger Hausarzt sein? Oder sich so sehr unter Druck fühlen, dass er gar ganz hinschmeißt? Der bessere Weg ist meiner Meinung nach, die bürokratischen Hürden der kassenärztlichen Vereinigung abzubauen. Flexiblere Niederlassungskonzepte zu entwickeln die auch Müttern mit Kindern Anreize schaffen.

Und wieso darf uns eine Krankenkasse über die kassenärztliche Vereinigung mit Regressvorderungen gängeln? Das schreckt doch vor allem ab. Wir machen das doch nicht um denen das Geld aus dem Kreuz zu leiern, sondern weil wir unsere Patienten bestmöglich versorgen wollen!!! Hier müssen wir ansetzen – ich werde es versuchen.

Die Fachärzte, die für den LK Wunsiedel zugelassen werden lassen sich größtenteils in Marktredwitz nieder. Und wir fahren mit viel Aufwand mit einem liebevoll organisierten Seniorenbus – hier vielen Dank an Fr. Dr. Körner und die Gesundheitsregion plus, zu den Fachärzten nach MAK anstatt die Ärzte nach einem Rotationsprinzip nach Selb und in andere Orte zu holen. Der Neurologe muss ja nicht täglich in Selb vor Ort sein, aber er könnte doch 1x/Woche jeweils in Selb, Tröstau usw eine Sprechstunde anbieten - ich wette die Schlange wäre lang. Da müssen sich auch meine ärztlichen Kollegen in die Pflicht nehmen lassen. Frau Dr. Körner hat das bereits probiert. Sie hat quasi Klinken in MAK geputzt aber keiner war bereit in dieses Versorgungskonzept einzusteigen. Räume stünden ja zur Verfügung. Vielleicht kann ich bzw können wir GRÜNE hier politischen Druck ausüben und ein interdisziplinäres MVZ errichten.

Auch müssen im Pflegebereich – Kurzzeitpflege, Altenheime usw. weitere Plätze geschaffen werden. Denkt daran > 50% der selber Bevölkerung sind > 50 Jahre.

Eine Demenz-WG wurde hier auch schon einmal diskutiert. Bisher ist jedoch nichts passiert.

Jeder der Erfahrungen hat durch seinen Beruf oder durch Angehörige weiß was es bedeutet einen an Demenz Erkrankten zu pflegen. Das ist als hätte man noch einmal ein Kind bekommen. 24h Betreuung ist notwendig. Das ist zu Hause nicht immer durch die Angehörigen in vollem Umfang möglich. Und es gibt bessere Konzepte als sie nur ins Altenheim zu stecken von denen wir auch wissen dass das Personal knapp berechnet wird.

Und diese Themen habe ich bei unseren politischen Freunden der anderen Parteien doch im bisherigen Wahlkampf etwas vermisst. Die Veranstaltung der Jungen Union zum Thema Ärztemangel hat auch keine Lösungen zu Tage gefördert. Gesundheit betrifft uns alle!!! und an Gesundheit darf meiner Meinung nach nicht nur Geld verdient werden.

Ein anderes Thema ist die Integration von Flüchtlingen. Herr Pötzsch betitelt sich als unser Integrationsbeauftragter. Wo sind die Ergebnisse? Wie wird Integration bei uns gestaltet? Wie werden die ehrenamtlichen verschiedenen Helfer/Vereine zusammengeführt? Und wie funktioniert denn Integration? Wie integriert sich ein Flüchtling denn am besten? Über Sprache auf der einen Seite, über die Teilhabe an unserer Kultur und wie kommt er am besten dazu? Durch Teilnahme an unserem Leben, durch eine Aufgabe. Aber auch wir sollten mit Neugier den Flüchtlingen gegenüber treten - bereit sein uns auch für deren Kultur zu interessieren. Sie kann auch uns weiterbringen.

Auf der anderen Seite fehlen uns Menschen, die Ehrenämter bekleiden. Kann man diese zwei Sachen nicht irgendwie miteinander verbinden? So würden wir den Flüchtlingen eine Struktur bieten mit Anbindung an unser Leben. Sprache braucht Anwendung. Wenn sie nach dem Deutsch-Kurs wieder in ihre Familien gehen wenden sie sie nicht weiter an. Das würden wir in einem fremden Land auch nicht, aber auf einem Arbeits/Betätigungsfeld unter den Einheimischen sind sie gezwungen sich mit unserer Sprache auseinanderzusetzen und sich mit uns zu verständigen. So lernen ja auch Kinder, denen es noch viel leichter fällt, in der Kita mit anderen Kindern ganz schnell eine neue Sprache zu erlernen.

Das Thema ökologische Landwirtschaft. Ich möchte, dass wir die Bauern, die täglich im Stall und auf dem Feld sind, an unsere Seite, an unseren Tisch holen. SIE, die Landwirte, müssen uns sagen was geht und wie es besser geht – in dem Bereich sind SIE die Experten. Wenn wir denken wir machen es besser, ich als Ärztin zum Beispiel, dann kommt dabei heraus was Herr Spahn und Frau Klöckner in ihren Ministerin jeweils treiben. Also hören wir auf, unsere Bauern an den Pranger zu stellen, sie als Übeltäter zu betrachten. Sie bauen an, was wir essen sollten wenn wir regional vor Ort kaufen würden! Sie kümmern sich um Tiere die unsere Milch und Eier und unser Fleisch erzeugen. Holen wir sie mit an den Tisch und geben ihnen zuerst das Wort.

Und im Gegenzug möchte ich mich mit Euch dafür einsetzen dass wir ähnlich wie jetzt im Bayreuther Land entstanden, ein Vermarktungslabel und Vermarktungsräume entwickeln um den Vertrieb hier für uns vor Ort zu ermöglichen. Mit kurzen Transportwegen und einer entsprechenden angemessenen Vergütung ohne Zwischenhändler für unsere Landwirte.

Ich möchte bis 2021/2022 Selb zu einer plastikfreien Stadt machen, was den Einzelhandel und öffentliche Veranstaltungen angeht. Hierfür habe ich bereits zu ortsansässigen Metzgern Kontakt aufgenommen um Aufbewahrungsbehälterpfandkonzept ev. mit Beteiligung ortsansässiger Porzellanhersteller zu gestalten. Wir werden doch als Porzellanstadt eine bessere ökologische Lösung als Plastik finden!!!

Ich möchte auch die Kinder- und Jugendbildung hinsichtlich gesunder und ökologischer Lebensweisen ausbauen und fördern. Kinder müssen von Anfang an lernen was es bedeutet Rücksicht auf die Natur zu nehmen und sie zu respektieren und zu schätzen und in Zeiten wie diesen sie vor allem auch zu schützen. Sie müssen lernen wo unsere Nahrungsmittel herkommen, wie sie produziert werden und wie Prävention, also Vorbeugung vor bestimmten Erkrankungen durch eine gesunde Lebensweise, funktioniert.

Dies geht einher mit dem Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen – aktuell stehen ca. 100-200 Kinder auf den Wartelisten für einen KITA-Platz in Selb. Bestenfalls mit naturnahem Erziehungskonzept.

Die Bauprojekte die im Rahmen Selb 2023 gerade in Planung bzw Umsetzung sind möchte ich weiter unterstützen, natürlich vor allem kritisch unter dem ökologischen Aspekt beäugen. Aber wir brauchen Wandel, er macht erst immer Angst, aber er hat immer stattgefunden, in allen Bereichen, denn er bringt uns voran, stellt uns vor neue Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt, an den wir wachsen und schließlich auch zusammen wachsen. Sonst wären wir auch jetzt nicht was und wer wir sind. Panta rhei (aus dem altgriechischen) – Alles fließt.

Auch das Mobilitätskonzept muss an unsere Bevölkerung angepasst werden. Es muss besser und ökologischer fließen. Das BAXI-Modell kommt. Bleibt zu hoffen, dass sich die 80 Jährige Frau Müller von nebenan jetzt kein Smartphone anschaffen muss, damit der Bus dann auch bei ihr hält.

Es wäre schön, wenn wir einen ÖPNV entwickeln können, der alle berücksichtigt. Die, die aus Spielberg, Heidelheim, Silberbach usw nach Selb, Schönwald oder Marktredwitz müssen, so auch Frau Müller, die „nur“ zum Hausarzt oder in die Apotheke muss. Und das alles ohne dass jeder auf einen eigenen PKW angewiesen ist. Und auch ich würde gerne öfter mal ohne große Planung und Kosten für ein Taxi, nach Selb in die Pizzeria ein Glas Wein trinken und wieder nach Unterweißenbach kommen. Vielleicht würde damit auch unsere Gastronomie und das Leben in unserer Innenstadt angekurbelt werden.

Und wir müssen Bäume schützen und pflanzen. Sie sind die besten CO2-Verwerter die wir haben. Vielleicht kann man sich an Modellen wie in Leipzig orientieren. Dort wird ein Baumkataster erstellt, und gleichzeitig wird erhoben wo es akute Baumlücken gibt, die sofort erschlossen werden müssen und es wird festgelegt welche Stückzahl an Großbäumen pro Jahr mit einem bestimmten Budget gekauft und gepflanzt werden sollen. Das könnte man auch in neue Radwegekonzepte integrieren bzw. damit kombinieren aber vor allem mit allen neuen Bauprojekten.

Was ich mir noch wünsche ist, dass wir uns und die Bevölkerung stark gegen Hass und Hetze machen, dass wir gegen Antisemitismus kämpfen, dass wir unsere Kinder tolerant und weltoffen erziehen, dass wir niemanden ausgrenzen.

Unsere Grenzen sind, man muss es leider sagen Zum Glück NOCH offen, und unsere Herzen sollten es auch sein!!!

Wir müssen Rechtspopulisten mit ihren eigenen Waffen schlagen. Wir treffen sie doch auch bei unserem Italiener oder Türken um die Ecke bei Pizza und Döner, aber eigentlich dürften die nach deren Meinung gar nicht da sein, und führende PEGIDA-Anhänger flüchten selbst ins Ausland ins Exil. Wir müssen dagegen aufstehen, für müssen dazu NEIN sagen.

Viele weitere Themen, die ich jetzt nicht angesprochen haben bzw. falls jemand etwas vermisst, z.B. zur Endlagersuche, Stromtrasse, Artenvielfalt und Klimaschutz usw findet ihr in unserem Programm, was wir auch gerade überarbeiten.

Ich hoffe nun auf Eure Unterstützung – ich werde sie vor allem auch über den heutigen Abend hinaus brauchen und bedanke mich erstmal fürs Zuhören.

 

 

 



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