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Rede Heike Bock

30 Jahre Tschernobyl
In Wikipedia liest man nur: Die Nuklearkatastrophe von Tschernobyl ereignete sich am 26. April 1986 in Block 4 des Kernkraftwerks Tschernobyl nahe der ukrainischen Stadt Prypjat. Als erstes Ereignis wurde sie auf der siebenstufigen internationalen Bewertungsskala für nukleare Ereignisse als “katastrophaler Unfall (höchste Stufe/7)“ eingeordnet.


Ich war zu der damaligen Zeit 15 und erinnere mich noch genau wie verängstigt meine Eltern waren und wie hilflos sie sich gefühlt haben. Ihre Sorge galt vor allem der Zukunft ihrer Kinder und Enkelkinder. Es waren angstvolle Wochen und Monate, da die Menschen nicht ausreichend informiert wurden. Vor allem direkt nach dem Unfall in Tschernobyl gab es zunächst keinerlei Informationen.
In Deutschland läuft die Meldung über den GAU in Tschernobyl erstmals am 29.April.86 durch die Medien. "Angst, Angst, Angst" titelte der SPIEGEL. "Das Entsetzliche wird verharmlost", kritisierte die "taz". "Dichthalten, so lange es geht", schrieb die "Süddeutsche Zeitung".


Spätfolgen wurden einfach tot geschwiegen. Über die weltweiten gesundheitlichen Langzeitfolgen, die auf eine erhöhte effektive Dosis - gegenüber der natürlichen Strahlenbelastung - zurückzuführen sind, gibt es seit Tschernobyl viele Debatten. Gesicherte Daten über die Zahl der Opfer sowie die gesundheitlichen Folgen der Katastrophe gibt es bis heute keine. Die Untersuchungen darüber sind ziemlich dürftig, denn in den ersten Jahren danach war es verboten, Buch zu führen über Opfer, die Höhe der nuklearen Strahlung und mögliche Erkrankungen. Folglich gibt es keine belastbaren Daten, denn alle Zahlen wurden manipuliert, weshalb man der Meinung ist, dass eine reale Zahl der Todesopfer und Erkrankungen durch Tschernobyl nicht glaubwürdig beweisbar ist. Die Weltgesundheitsorganisation hält insgesamt weltweit ca. 8000 Todesopfer für gesichert, vermutet allerdings eine Million Opfern.
Über die Millionen von Fehlbildungen bei Geburten spricht man überhaupt nicht. Auch in meiner Familie und meinem Bekanntenkreis gab es nach Tschernobyl sehr viele Sterbefälle durch Krebs.
30 Jahre Tschernobyl
Die Stiftung Warentest hat im September 2015 einen Bericht veröffentlicht demnach zu Folge gibt es immer noch radioaktive Pilze in Bayern, die man nicht essen sollte. Auch unsere heimische Tierwelt in Feld, Wald und Wiese soll teilweise noch davon betroffen sein. (Entfernung Deutschland Tschernobyl ca. 1400km)


Leider zog man aus Tschernobyl keine Lehren, und so kam es 25 Jahre später erneut zu einem “katastrophalen Unfall (höchste Stufe/7)“ in Fukushima 2011!
Diese zweite Nuklearkatstrophe erlebte ich dann selbst als Mutter einer 3jährigen Tochter. Mir wurde auf einmal bewusst, was meine Eltern damals gefühlt und empfunden hatten. Nur dass ich weniger Hilflosigkeit empfand als sie, denn diese anfängliche Hilflosigkeit ging bei mir sehr schnelle in starke Wut über. Wut darüber, dass man 25 Jahren nach Tschernobyl immer noch keine Konsequenzen daraus gezogen und Vorkehrungen für derartige Vorfälle getroffen hatte. Selbst die Informationspolitik hatte sich seit Tschernobyl nicht im Geringsten geändert. Und das obwohl es laut Internationaler Bewertungsskala für nukleare und radiologische Ereignisse kurz INES 19 Vorfälle nach Tschernobyl jedoch vor Fukushima gab. Nach wie vor geht man bei Kernkraftwerken hohe Risiken ein, weiß wie gefährlich und störanfällig diese Technik ist. Uns Bürgern werden sie immer noch als sicher verkauft. Nach Katastrophen hört die Berichterstattung darüber sehr schnell auf, obwohl die Radioaktivität sich nur sehr langsam abbaut und die dadurch entstehenden Folgen für Gesundheit und Umwelt sehr langfristig sind. In der Realität kann man AKW-Unfälle aufgrund von menschlichem oder technischem Versagen, von Terroranschlägen oder Naturkatastrophen niemals vollkommen ausschließen.


Leider wird diese Realität von den Kernkraftwerksbetreibern immer noch vertuscht, verharmlost, bagatellisiert oder vorgetäuscht.


Schlagzeile vom 14.04.2016 Spiegel online
Vorgetäuschte Kontrollen: Umweltministerium will EnBW Betrieb von AKW untersagen
“Hochgradig beunruhigend und nicht akzeptabel": Im Atomkraftwerk Philippsburg 2 sind Sicherheitschecks nur vorgetäuscht worden. Der Stuttgarter Umweltminister will EnBW den Betrieb vorläufig verbieten.
Alle wissen wir – Philippsburg2 ist kein Einzelfall. Und die Dunkelziffer der Vorfälle in AKWs ist deutlich höher, als Regierung und Kraftwerksbetreibern je veröffentlichen und bestätigen werden. Man betreibt hier eine Vertuschungspolitik im großen Stil. Und das heute in Deutschland so wie vor 30 Jahren in der UdSSR.
Diese sogenannte Bananenpolitik wird allerdings erst durch die Vielzahl von Lobbyisten in den politischen Gremien möglich und gefördert. Leider treffen diese Lobbyisten ihre Entscheidungen nicht zum Wohl der Allgemeinheit, sondern immer mit dem Hintergrund: Einerseits die Angst um ihren gewonnenen Stuhl im Gremium und alles was dieser so mit sich bringt nicht zu verlieren und andererseits um die Karriereleiter überhaupt nach oben zu kommen.


Das Schlimme an dem Ganzen ist und was es für mich unerträglich macht, dass diese Lobbyarbeit bereits in den Kommunen auf ganz unterster Ebene beginnt.
Was ich trotz aller Lobbyarbeit aber dennoch nicht verstehe – viele dieser Lobbyisten haben selbst Kinder: Denken sie nicht an deren Gesundheit und wie sie diese schützen können! Überlegen sie nicht wie sie ihren Kindern Natur und Umwelt hinterlassen wollen! Machen sie sich keine Gedanken, was will ich meinen Kindern mit auf ihren Weg geben, wie sollen sie Natur, Umwelt und ihre Mitmenschen behandeln.

Wahrscheinlich haben Lobbyisten eins vergessen:
Auch sie tragen wie wir eine große Verantwortung ihren Kindern gegenüber – denn auch ihre Kinder werden ihre Spiegelbilder sein und sie nachahmen. Dies sollte man nie vergessen.
Kurze Hoffnung, dass man zum Lobbyismus wenigstens etwas „Ade“ sagte, war für mich Angela Merkls Schwenk nach Fukushima. Weg von der Laufzeitverlängerung hin zum schnellen Ausstieg aus der Atomkraft. Allerdings wurde diese Hoffnung wirklich nur kurz und sehr naiv. Es folgte eine planlose und einseitig geförderte Energiewende der deutschen Regierung und eine Durchführung auf nicht basierendem international geltendem Recht. Ein Recht, das für den kleinen Bürger geschrieben wurde und das ihm bis jetzt von der deutschen Regierung mitsamt ihren Lobbyisten verweigert wird.

Hier DANKE ich Brigitte Artmann für Ihren unermüdlichen, persönlichen Einsatz, dies in einer Beschwerde vor das Aarhus-Convention-Compliance Committe zu bringen und dort zu zeigen, wie man in Deutschland mit international verbindlichem Recht umgeht. Deshalb sind meine Sprecherkollegen und ich der Meinung: Egal welche Stromtrassen neu gebaut oder modifiziert werden – es sind Schwarzbauten. Sie sind nicht nach international geltendem Recht gebaut. Den Netzbetreibern ist dies sehr wohl bewusst, doch sie sehen die Schuld hier einzig und allein seitens der Regierung. Sie sprechen sogar im Falle von Schwarzbauten von einer Regresspflicht der Regierung. Was leider vielen Bürgern immer noch nicht bewusst ist: Erst der Bau von sogenannten Stromautobahnen und das Modifizieren bestehender Stromtrassen ermöglicht den Netzbetreibern die Weiterleitung von Strom aus “konstanten Quellen“ der Kern / Kohle-kraftwerksbetreiber.


Braunkohleförderung in der Lausitz: Dorf Proschim muss umsiedeln und wird abgebaut so NEP, bereits 83 Dörfer zuvor mussten für den Braunkohleabbau umsiedeln.
AKW Planungen in EU Nachbarländern: Polen 6, Rumänien 2, Ungarn 2, Tschechien 2, Bulgarien 1, Ukraine 2, Türkei 4, Finnland 1, Litauen 1, Großbritannien 4 insgesamt : 25 AKW
Vereinfacht bedeutet das: Wer den Bau von Stromautobahnen oder das Modifizieren bestehender Trassen unterstützt, fördert oder fordert, der unterstützt in Wirklichkeit die Atomindustrie im Ausland und den dortigen Bau neuer AKWs, so wie den Abbau von Kohle in Deutschland.
Deshalb bitte ich alle Bürgerinnen und Bürger engagieren sie sich in Bürgerinitiativen und unterstützen sie auch weiterhin den Kampf gegen die Atomkraft und ihre Lobbyisten!

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